Wir leben in mehr als spannenden Zeiten, einer „VUCA-World“ – zu Deutsch volatil, unsicher, komplex und vieldeutig. Daher haben wir uns vorgenommen, Ihnen regelmäßig Hilfestellung zur Orientierung zu liefern und Ihre Ausrichtung hin zu nachhaltiger Unternehmensführung zu unterstützen. Neben zahlreichen Kontextthemen und Umsetzungsmöglichkeiten darf dabei natürlich auch die individuelle Führungsrolle nicht vergessen werden, denn diese ist anspruchsvoller als je zuvor.
Leadership für eine nachhaltige Zukunft
Heute möchten wir zwei Studien ins Blickfeld rücken, die notwendige Managementqualitäten für eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Führung herausgearbeitet haben: „Better Leadership, Better World“ der BSDC und „Top Leadership Trends & Skills for Entrepreneurial Leaders in 2021“ von Female Founders und Lead F. Auch wenn die Studien einige Jahre auseinanderliegen und die Ergebnisse unterschiedlich formuliert sind, lassen sich wichtige Kompetenzen gut erkennen.
- Better Leadership, Better World
Vor inzwischen fast drei Jahren publizierte die Business & Sustainable Development Commission (BSDC) die Studie „Better Leadership, Better World – Women leading for the Global Goals“, die die wichtigsten Führungskompetenzen zur Umsetzung der Agenda 2030, also der 17 SDGs der Vereinten Nationen, herausgearbeitet hat. Der Untertitel der Studie – Women Rising 2030 – unterstreicht nochmals, wie wichtig es ist, Frauen an Führungsprozessen teilhaben zu lassen, denn laut dieser Studie sind weibliche Führungsqualitäten absolut notwendig, um die anstehenden Herausforderungen zu meistern.
Die sechs wichtigsten Kompetenzen zur erfolgreichen Entwicklung nachhaltiger Geschäftsmöglichkeiten für die Umsetzung der SDGs sind laut der Studie der BSDC: langfristiges Denken, Innovation, Zusammenarbeit, Transparenz, Umweltmanagement und soziale Inklusion. Aus einer Analyse der Literatur über den Impact von Frauen in Führungsrollen hat sich zusätzlich gezeigt, dass Frauen mit diesen Führungsqualitäten vor allem in gemischten Teams eine entscheidende Rolle einnehmen können. Weiters belegen Studien, dass Unternehmen mit gemischtgeschlechtlichen Führungsteams diese Führungskompetenzen viel eher aufweisen. Vorstandsteams mit Frauen stellen eher langfristiges Unternehmenswachstum als kurzfristige Gewinnmaximierung ins Zentrum und erhöhen die Innovationskraft von Unternehmen, vor allem bei komplexen Aufgabenstellungen. Auch wählen weibliche Führungskräfte eher kollaborative Ansätze, um Lösungen zu erarbeiten, von denen alle profitieren. Investitionen in erneuerbare Energielösungen, CO2-reduzierte Produkte und Energieeffizienz werden auch von weiblichen Führungskräften eher bevorzugt, ebenso wie bessere Arbeitsbedingungen sowie höhere Anreizsysteme für Mitarbeitende und Hilfestellung für bedürftige Gruppen innerhalb der Lieferketten. Zusammenfassend sind geschlechtergemischte Führungsteams ein Garant für Wettbewerbsvorteile in einer Wirtschaft, die sich die Umsetzung der Agenda 2030 – wie die SDGs auch genannt werden – zum Ziel gesetzt hat.
Was ist nun mit diesen sechs Führungskompetenzen genau gemeint?
- Langfristiges Denken
Es gibt immer mehr Nachweise dafür, dass Unternehmen, die einen langfristigen Ansatz für Umwelt-, Gesellschafts- und Governance-Themen haben, also einen ganzheitlichen strategischen Fokus auf Nachhaltigkeit, bessere Leistungen (Gewinne, Innovationen, etc.) erbringen als jene, die das nicht vorweisen können.
- Innovation
In herausfordernden Zeiten wie den aktuellen ist eine hohe Innovationskraft mit zweckgerichtetem Fokus auf nachhaltige Lösungen wichtiger denn je, um die drängendsten Probleme dieser Welt zu lösen. Die wichtigsten Wirtschaftsbereiche dazu sind in der ersten BSDC-Studie „Better Business, Better World“ erläutert und umfassen Lebensmittel und Landwirtschaft, Städte, Energie und Materialien sowie Gesundheit und Wohlergehen.
- Zusammenarbeit
Die Zusammenarbeit zwischen Mitbewerber*innen, Marktteilnehmenden aus anderen Sektoren, Behörden, Regierungen und der Zivilgesellschaft ist entscheidend, um die 17 SDGs zu erreichen. Sektorenübergreifende Erfolge und eine höhere Klimaresilienz könnten dadurch sichergestellt werden und zwar mit einem geschätzten Investitionsvolumen von bis zu zwei Billionen USD pro Jahr bis 2030.
- Transparenz
Führungskräfte, die ihre Unternehmen langfristig erfolgreich ausrichten, machen ihre aktuellen Leistungen gerne transparent. Zu den veröffentlichten Daten zählen:
– Steuerleistungen (im Sinne eines Sozialvertrages zwischen Staat und
Bürgern)
– der Impact der Unternehmensaktivitäten auf Umwelt und Gesellschaft
sowie
– ihre öffentlichen Aktivitäten (inkl. Lobbying-Aktivitäten).
Zusätzlich unterschreiben sie die 10 Prinzipien des UN Global Compact (v.a. keine Anti-Korruption, Erpressung oder Betrug).
- Umweltmanagement
Führungskräfte, die zukunftsorientiert denken, folgen den 10 Prinzipien des UN Global Compact und legen viel Wert auf umweltfreundliche Technologien, weil sie die Umweltkosten im Blick haben und diese Schattenkosten reduzieren möchten. Sie treten daher für ehrgeizige Klima- und Umweltziele ein und setzen auf erneuerbare Energie, effizientes Ressourcenmanagement sowie Kreislaufwirtschaft.
- soziale Inklusion
Auch in diesem Punkt spielen für Führungskräfte die 10 Prinzipien des UN Global Compact, aber auch die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte eine wichtige Rolle. Sie berücksichtigen u.a. faire Entlohnung, sichere Arbeitsplätze, das Wohl der Mitarbeitenden sowie die Entwicklung sozial-integrativer Dienstleistungen und Innovationen zum Wohle aller.
Weitere interessante Studienergebnisse:
- Unternehmen mit mehr als 15% Frauen im gehobenen Management weisen eine um 18% höhere Profitabilität auf, Unternehmen mit weiblichen CEOs sogar eine 19% höhere Profitabilität.
- 60% der Frauen sagten aus, dass es für sie sehr wichtig ist, in Unternehmen zu arbeiten, die gesellschaftlicher und ökologischer Verantwortung einen hohen Stellenwert geben, verglichen mit nur 38% bei den männlichen Befragten.
- Top Leadership Trends & Skills for Entrepreneurial Leaders in 2021
Die kürzlich erschienene Studie „Top Leadership Trends & Skills for Entrepreneurial Leaders in 2021“ wurde unter Frauen aus acht europäischen Ländern durchgeführt. 44% der Teilnehmer*innen arbeiten für ein Großunternehmen, je 20% sind selbständig oder Gründer*innen und 16% arbeiten bei aufstrebenden Jungunternehmen.
Die fünf folgenden Leadership Trends wurden identifiziert:
- Es braucht eine Änderung des Mindsets sowie mentale Gesundheit.
In diesen herausfordernden Zeiten ist es sehr wichtig, mit Wandel umgehen zu können und den Fokus auf Möglichkeiten und Chancen zu haben. Dafür benötigt es auch mentale Gesundheit. - Unternehmen müssen Sinn und (Unternehmens-) Kultur vorweisen, denn
Sinn (purpose) und Werte für die Wirtschaft sowie die Menschen schaffen ist das Gebot der Stunde. Dazu müssen Menschen ins Zentrum gerückt werden, denn Unternehmen ohne Sinn- und Wertangebot werden die nächsten 10 Jahre nicht überleben. - Neue Fähigkeiten für Führungskräfte und Teams sind notwendig. Jede/r benötigt ein neues Set an „hard & soft skills“, denn die Arbeitswelt ist im Umbruch und neben digitalen Fähigkeiten sind emotionale Intelligenz und Führungskompetenz auf Distanz wichtiger denn je.
- Die geopolitischen Entwicklungen haben Auswirkungen auf das Tagesgeschäft und der Umgang mit diesen unsicheren Rahmenbedingungen bleibt auch 2021 eine große Herausforderung.
- Schneller, höher, besser – in einer globalisierten Welt nimmt die Geschwindigkeit laufend zu und in diesen Zeiten die Nase vorne zu haben ist entscheidend für Unternehmen und ihre Führungskräfte.
Aus diesen Trends ergeben sich die nachstehenden sieben Fähigkeiten, die Top Führungskräfte benötigen (Platz sieben bis Platz eins als wichtigste):
Platz 7:
Führungskompetenz in einer Arbeitswelt auf Distanz benötigt zusätzliche Skills, v.a. in der schriftlichen Kommunikation, aber auch einen besonderen Fokus auf das Stärken von Zusammenarbeit, Transparenz und Verantwortung.
Platz 6:
Änderung der Besprechungskultur, denn bereits 2020 hat sich durch das Wegfallen von Reisen und Büroabstinenz einiges in der Besprechungskultur verändert, was aber auch zu effizienteren Treffen und nachhaltigerer Kultur führte. Auch weiterhin werden Meetings oft online stattfinden, was aber nicht bedeutet, dass die interkulturellen Herausforderungen deswegen wegfallen.
Platz 5:
In diesen schnelllebigen Zeiten ist es enorm wichtig, dass Führungskräfte ihren Blick auf alles richten, was bereits gut läuft und nicht nur auf Mängel ausgerichtet sind. Es braucht langfristige Rahmenbedingungen, um anstehende Herausforderungen zu meistern. Die Menschen müssen sich mehr denn je unterstützt fühlen.
Platz 4:
Diversity muss als Erfolgsstrategie genutzt werden, und zwar im ganzen Unternehmen. Ein Führungsstil, der Diversity inkludiert, positioniert die Vorteile gemischter Teams flächendeckend, was zu besseren Lösungen und höheren Erträgen führt.
Platz 3:
Neue Arbeitswelt und eine bessere Balance, denn der hybride Arbeitsalltag wird bleiben. Flexibilität und eine gute Balance zwischen Bürotagen vor Ort und Home Office zum Abarbeiten von Aufgaben ist ein Trend und bring auch eine bessere work-life-balance mit sich.
Platz 2:
Vertrauen auf und zwischen allen Ebenen einer Organisation ist unerlässlich in einer Arbeitswelt in großen Organisationen, die bis zu 90% online stattfindet. Vertrauenslevel und Kooperationsqualität werden zukünftig über Erfolg und Versagen entscheiden.
Platz1:
„A Change Mindest“ – eine Haltung bzw. Mentalität, die in einer sich ständig und manchmal im Stundentakt ändern Welt lebensnotwendig ist, ist DIE Führungskompetenz im Jahr 2021. Diese Kompetenz muss jede/r entwickeln und verinnerlichen, vor allem aber Führungskräfte!
Autorin: Ursula Oberhollenzer