Mit wirtschaftlichem Wachstum steigt auch der Druck auf ökologische Ressourcen. Wasserknappheit und Verschmutzung grenzen bereits heute die wirtschaftliche und soziale Entwicklung vieler Regionen ein. Selbst in Mitteleuropa beeinträchtigen Dürren, Übernutzung und (industrielle) Verschmutzung die Landwirtschaft, industrielle Produktion und in zunehmenden Ausmaß Kommunen.
Das Konzept des Wasserfußabdrucks (Water Footprint, WF) hilft Unternehmen zu eruieren, welche Abhängigkeiten von Süßwasser gegeben ist, und welche Ihrer Aktivitäten lokale und regionale Wassersysteme beeinflussen. Der Begriff wurde Anfang der 2000er Jahre von dem niederländischen Forscher Arjen Hoekstra geprägt und betrachtet den Wasserverbrauch ganzheitlich. Dabei werden drei Kategorien unterschieden.
- Blaues Wasser: Entnommenes Grund- oder Oberflächenwasser, z. B. für Kühlung, Reinigung oder Bewässerung
- Grünes Wasser: Regenwasser, das von Pflanzen und Böden aufgenommen wird
- Graues Wasser: Das Wasservolumen, das benötigt wird, um Schadstoffe auf (regulatorisch) sichere Konzentrationen zu verdünnen
Zusammen zeigen diese Kategorien nicht nur, wie viel Wasser eine Organisation nutzt, sondern auch, welche Aktivitäten die Wasserqualität beeinflussen. Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bietet das Verständnis ihres Wasserfußabdrucks eine Chance, Kosten zu senken, die Effizienz zu steigern sowie Umweltrisiken (und ableitbare Haftungen) zu verringern.
Von der Bewertung zur Handlung
Eine Wasserfußabdruck-Analyse folgt vier grundlegenden Schritten:
- Grenzen festlegen: Bestimmen, was gemessen wird, von Produkt, zum Standort oder das Gesamtunternehmen
- Daten erfassen: Messen, welche Mengen Wasser verwendet und emittiert werden, und in welchem Grad es verunreinigt wird
- Bewerten: Prüfen, ob die Wassernutzung im lokalen Kontext nachhaltig ist
- Handeln: Maßnahmen wie Recyclingsysteme, Lieferantenpartnerschaften oder lokale Wasserschutzprojekte setzen
Dieser Prozess ist auch übereinstimmend in dem LEAP-Framework der TNFD (Locate, Evaluate, Assess, Prepare) zu finden, welches Unternehmen dazu ermutigt, Wasser nicht nur als Umweltfaktor, sondern als Bestandteil finanzieller und betrieblicher Risiken zu betrachten.
Wasserrisiko ist Geschäftsrisiko
Laut der Europäischen Umweltagentur (EEA) ist etwa ein Drittel der EU in den Sommermonaten von Hitze- und Wasserstress betroffen. Die klimatischen Veränderungen verschärfen dies durch längere Dürren, Überschwemmungen und steigende Temperaturen. Begrenzte Wasserverfügbarkeit kann die Produktion stören, Kosten erhöhen und Lieferketten stören. Wasser ist damit nicht nur ein Umwelt-, sondern ein Geschäftsrisiko.
Aus der Praxis: Bei der Beratung von Rechenzentrumsentwicklern hat sich Wasser unerwartet als begrenzender Faktor herausgestellt. Obwohl große Mengen an Wasser für die Kühlung benötigt werden, wird der Verbrauch, und die damit verbundenen Risiken oft im Risikomanagement vernachlässigt, selbst in grundwassersensiblen Regionen. Mit zunehmender Digitalisierung und KI steigt dadurch das Risiko lokaler Nutzungskonflikte zwischen Unternehmen und Kommunen. Daraus folgende Erkenntnis: Jedes Unternehmen, unabhängig von Größe oder Branche, sollte Wasserknappheit und Resilienz in seine strategische Planung einbeziehen.
Warum Wasserfußabdruck-Analysen für KMU wichtig sind
- Regulatorische und Berichtspflichten: Gemäß der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) ist Wasser ein zentrales Berichtsthema (ESRS E3 – Water and Marine Resources). Unternehmen müssen offenlegen:
- Abhängigkeiten von Wasser- und Meeresressourcen
- Auswirkungen entlang der Wertschöpfungskette
- Risiken, Chancen und Minderungsmaßnahmen
- Ziele und Fortschrittsindikatoren
Auch wenn kleinere Unternehmen (noch) nicht direkt berichtspflichtig sind, werden größere Auftraggeber zunehmend wasserbezogene Daten von ihren Lieferanten verlangen. Eine frühzeitige Anpassung stärkt die Marktposition und bereitet auf zukünftige regulatorische Anforderungen vor.
- Integration naturbezogener Risiken (TNFD): Das TNFD-Rahmenwerk beschreibt Natur-Risiken als Finanzrisiken. Wenn Wasser knapp oder verschmutzt wird, kann das den Unternehmenswert mindern oder den Betrieb stören. Eine Wasserfußabdruck-Analyse verwandelt dieses Risiko in handlungsorientiertes Wissen und verbindet somit Umweltthemen mit strategischer Planung.
- Effizienz, Kosteneinsparung und Ruf: Effizientes Wassermanagement spart Wasser und Energie, senkt Abwasserkosten und unterstützt langfristige Betriebsgenehmigungen in Regionen mit Wasserstress. Ein transparenter Umgang mit Wasserressourcen stärkt den Ruf eines Unternehmens bei Investor*innen und schafft Vertrauen bei Kund*innen und Behörden.
Das größere Bild: KI, Infrastruktur und Wasser
Die digitale Transformation bringt neue wasserintensive Branchen hervor. Rechenzentren und Cloud-Dienste benötigen große Mengen Wasser für Kühlung sowie Energieproduktion. Mit der fortlaufenden Digitalisierung steigt der Bedarf an Daten, Energie und schlussendlich Wasser. KMUs, die in diesen Sektoren tätig sind, können sich differenzieren, indem sie von Anfang an Prozesse mit geringem Wasserfußabdruck entwickeln. Für die nächste Generation resilienter Geschäftsmodelle wird es daher vonnöten sein, technologische Innovation mit nachhaltigem Ressourceneinsatz zu kombinieren, um in diesem regulatorischen Umfeld zu bestehen.
Fazit
Eine Wasserfußabdruck-Analyse zeigt Unternehmen nicht nur, wie viel Wasser sie verbrauchen, sondern wie eng dieser Verbrauch mit Kosten, Risiken und Chancen verknüpft ist. Sie verbindet ökologische Verantwortung mit strategischem Unternehmensmanagement. Da die EU sukzessive den Übergang von freiwilliger zu verpflichtender Nachhaltigkeitsberichterstattung vollzieht, wird eine frühe Adaption und Erfassung des eigenen Wasserfußabdrucks zum Wettbewerbsvorteil.
In Zukunft wird der Erfolg eines Unternehmens nicht nur davon abhängen, zu welchen ökonomischen Bedingungen es produziert, sondern auch wie viel Wasser es dafür benötigt. Wasser wird nach Energie der limitierende Faktor für wirtschaftliche Entwicklungen in diesem Jahrhundert, mit all den einhergehenden Verwerfungen.
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Quellen:
Directive (EU) 2022/2464 (CSRD), Art. 1(4): undertakings must disclose “information necessary to understand the undertaking’s impacts on sustainability matters, and how sustainability matters affect its development, performance and position” https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX:32022L2464
ESRS E3 – Water and Marine Resources require disclosure of dependencies, impacts, risks, targets, and metrics. https://www.efrag.org/lab6
EU Taxonomy Regulation (2020/852) includes “sustainable use and protection of water and marine resources” as an environmental objective. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX:32020R0852
Hoekstra AY et al (2011) The water footprint assessment manual: setting the global standard. Earthscan, London, UK
TNFD Recommendations (2023) promote integrated climate- and nature-related disclosures, recognising freshwater as a key dependency. https://tnfd.global/recommendations/
UN SDG 6, Clean Water and Sanitation: “Ensure availability and sustainable management of water and sanitation for all.” https://sdgs.un.org/goals/goal6